
NIENDORF/ LOKSTEDT/ SCHNELSEN Seit genau einem Jahr bestimmt Corona mit vielen Einschränkungen unser privates und berufliches Leben. Vieles, was bis dahin „normal“ war, ist nun nicht mehr möglich. Unsere freie Redakteurin Katrin Hainke hat bei den lokalen Akteuren in den Stadtteilen nachgefragt, wie Corona ihre Arbeit beeinflusst hat und was die größten Herausforderungen waren und immer noch sind.
1 Nina Häder, Quartiersmanagerin BID Tibarg II & Arbeits-gemeinschaft Tibarg (AGT)
Die Situation ist vor allem für den Einzelhandel und die Gastronomie schwierig und verschärft sich täglich. Da die Passantenfrequenzen auf dem Tibarg bis zu 30 Prozent zurückgegangen sind, leiden auch die noch geöffneten Geschäfte unter dem Lockdown. Ich hoffe daher sehr, dass möglichst viele Menschen die lokalen Geschäftsleute unterstützen. Herausfordernd ist auch unsere Arbeit: Alle großen Events sind ausgefallen und das neue Jahr verspricht nicht viel mehr. Kleine Lichtblicke bieten die neu entstandenen Projekte, wie die Riesen-Buddel-Kiste und die weihnachtlichen Kinder-Aktionen.
2 Sven Wurster, Revierförster im Niendorfer Gehege
Der Wald ist in dieser Zeit ein wichtiger Rückzugs- und Erholungsort für die Menschen. Wir merken das direkt an den hohen Besucherzahlen, aber auch indirekt. Der Aufwand für die Sauberhaltung des Waldes ist gemessen an der Müllmenge teilweise fast doppelt so hoch geworden. Zum Glück konnten wir in den letzten Jahren das Wegenetz sanieren. Als nächstes nehmen wir uns zum Frühjahrsputz die Erholungsbänke vor – sie sind wichtiger denn je.
3 Martina Polle, Geschäftsführerin Freizeitzentrum Schnelsen
Es war ein Jahr der wenigen persönlichen Begegnungen. Aber wir hoffen, dass es für uns alle einen Weg zurück in unser „altes Leben“ gibt, das uns doch so viel Freiheiten, Kultur, Begegnungen, Bewegungen und Sinn gegeben hat. Und: Was ich vor einem Jahr nicht vermutet hätte: Plötzlich war sie da – die Digitalisierung! Es entstand unser Online-Programm #wirbleibenzuhause, Kurse online, Videos, Live-Streaming und unser Podcast.
4 Mechthild Führbaum, Vorsitzende Bürgerhaus Lokstedt
2020 war ein Jahr der Herausforderungen für das Bürgerhaus Lokstedt. Wir haben versucht das Beste daraus zu machen. Mit größter Vorsicht lief unser Programm bis Oktober in Kleinversion weiter. Außerdem konnten wir die Chance nutzen, notwendige Umbauten in Angriff zu nehmen. Jetzt haben wir zum Beispiel endlich eine barrierefreie Toilette. Aktuell greifen wir auf digitale Möglichkeiten zurück und lassen einige Kurse online laufen.
5 Reno Malzahn, Vorsitzender Berenberg-Gossler-Haus, Bürgerhaus für Niendorf
Die Auswirkungen auf den gesamten Kulturbereich sind dramatisch. Betroffen sind nicht nur die Einrichtungen und die vielen Künstler/-innen, sondern besonders die Kulturfreunde. Das vergangene Jahr war sicher das herausforderndste in der 22-jährigen Geschichte des Bürgerhauses. So faszinierend die digitalen Fortschritte sind, Stadtteilkultur ist im Analogen verwurzelt und lebt von der Begegnung vor Ort. Wir müssen uns die Frage stellen, wie es nach der Krise wieder sein wird: Ist das Interesse an Stadtteilkultur dann noch vorhanden? Ich persönlich hoffe doch sehr!
6 Nils Kahn, 1. Vorsitzender Niendorfer Turn- und Sportverein (NTSV)
Das Corona-Jahr war für die Verantwortlichen und Sporttreibenden des NTSV extrem bewegend. Nach der eingeschränkten Wiederaufnahme des Sports im Sommer stellte uns die Umsetzung der Hygienemaßnahmen vor eine große Herausforderung. Der anhaltende zweite Lockdown ging dann einerseits mit schwindendem Verständnis einiger Mitglieder für die Zahlung ihrer Beiträge einher. Andererseits freuen wir uns aber über das Verständnis und die Treue der meisten Mitglieder. Zur „Überbrückung“ gibt es auf unserer Homepage ein großes, digitales Sportangebot.
7 Marc Schemmel, Bürgerschaftsabgeordneter und Vorsitzender SPD Niendorf
Wohl niemand konnte sich im letzten März vorstellen, welche Auswirkungen die Pandemie auf unser Leben haben wird: Viele Menschen sind erkrankt und leider auch verstorben, soziale und wirtschaftliche Folgen sind überall spürbar. Vor Ort haben wir sofort begonnen, Bürger, Einzelhandel, Gastronomie, Vereine und Einrichtungen über Unterstützungsprogramme zu informieren, Hilfen zu vermitteln und im Austausch zu bleiben. Positiv hervorzuheben in unseren Stadtteilen ist die große Hilfsbereitschaft, die auch dazu beiträgt, möglichst gut durch die Krise zu kommen.
8 Anne Thaker, Vereinsvorstand „Herzliches Lokstedt“
Es ist mühsam und viele Hürden so unnötig. Selbst nach einem Jahr hat sich in den (digitalen) Strukturen nicht viel getan. Die Familien und Kinder werden weiter abgehängt, der Kontakt der Geflüchteten zu Einheimischen und zur deutschen Sprache fehlt immer mehr. Wir machen weiter und versuchen vieles wenigstens ein bisschen aufzufangen.
9 Maren Gottsmann, Pastorin der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde Niendorf
Etwas paradox ist die Kirche durch den Lockdown aus sich herausgegangen: Mit Zoom-Gottesdiensten, Newslettern, digitalen Chorprojekten und Telefonandachten wurde die Digitalisierung beschleunigt. Aber auch analog haben wir Neues gestaltet, zum Beispiel mit Hoffnungspäckchen, Segensstationen und dem abendlichen Singen. All das hat neue Begegnungen ermöglicht. Gleichzeitig sind bei vielen Menschen durch das Absagen auch von Gottesdiensten viele Begegnungen weggebrochen. Ich weiß nicht, wie und ob wir nach über einem Jahr „Fernbeziehung“ in ein „wie früher“ zurückkommen werden.
10 Elke Bremer, Sozialraumprojekt ProNieNo
Die Anpassung unserer Angebote an die räumliche Situation war die größte Herausforderung. Dank alternativer Raumnutzung und verbesserter digitaler Ausstattung konnten wir einen tragbaren Weg finden. Unsere Beratungen erfolgen vorrangig telefonisch, bei Bedarf auch persönlich. Angebote zur Entlastung von Familien sind derzeit in Arbeit. Etwas Sorge bereitet uns der ausstehende Haushaltsbeschluss, da wir von Einsparungen betroffen sind.
Der Beitrag „Extrem bewegend & dramatisch“ erschien zuerst auf Niendorfer Wochenblatt.